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Können Sie eigentlich entspannen?

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Anspannung - Entspannung (Foto: CC0)

Was für eine Frage, sagen die Menschen, denen es ohne Mühe gelingt. Für viele ist es wie ein Geschenk, die Reaktion ihres Körpers auf eine Anstrengung hin. Das autonome Nervensystem, das lebensnotwendigen Vorgänge im Körper steuert, sorgt wie von selbst dafür: Anspannung -  Entspannung. Anspannung -  Entspannung. Jeder kennt es zumindest von einer körperlichen Kraftanstrengung her. Es geschieht wie von selbst. Niemand würde einen Muskel anspannen und dies auf Dauer halten wollen. Muskelkrämpfe, Verhärtungen und ähnliches wären die Folge. Immer nur anspannen? Nein: Anspannen – Entspannen. Dies entspricht dem natürlichen Rhythmus.

 

Was im körperlichen Bereich mit deutlichen Signalen versehen ist, sollte die Entspannung einmal nicht zugelassen werden, kann im seelischen Bereich leicht übersehen werden. Denn auch die Psyche, die eine organische Grundlage (Gehirn) hat, verlangt nach Entspannung. Sie benötigt Phasen, in  denen die Neuronen (Nervenzellen) nicht im Zustand des Dauerfeuerns (des Entladens) sind. Aushalten, kämpfen, flüchten und ähnliches Tun,  lassen oftmals nicht zu, die Botschaft „Entspannen“ ankommen zu lassen. Es scheint, dass es in diesem Modus nicht vorgesehen ist, darauf zu achten. Das Überleben zählt. Für kurzzeitige Stresssituationen wohl eine erfolgreiche Strategie im Rahmen der Evolution. Wessen Leben in einer Art Dauerstress zu verlaufen scheint, aber keine gute Option. 

 

Berufsleben, Arbeitsplatz, Familie, Gesundheit, Gesellschaft, politische und persönliche Situation können derart sein, dass sie den Austritt aus einer dauerhaften Anspannungssituation fast nicht mehr möglich machen. Erkrankungen, Unwohlsein an Körper und Psyche sind oftmals leidliche Folgen. Der Zusammenhang zwischen Vulnerabilität (Verwundbarkeit, Verletzlichkeit) und innerem/äußerem Stress ist wissenschaftlich gut belegt. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) veröffentlichte im August 2018 nachfolgende Zahlen und Fakten zu psychischen Leiden:

 

„In Deutschland sind jedes Jahr etwa 27,8 % der erwachsenen Bevölkerung von einer psychischen Erkrankung betroffen. (…) Zu den häufigsten Erkrankungen zählen  Angststörungen (15,4 %), gefolgt von affektiven Störungen (9,8 %, davon unipolare Depression allein 8,2 %) und Störungen durch Alkohol- oder Medikamentenkonsum (5,7 %) Psychische Erkrankungen zählen in Deutschland nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bösartigen Neubildungen und muskuloskelettalen Erkrankungen zu den vier wichtigsten Ursachen für den Verlust gesunder Lebensjahre. Menschen mit psychischen Erkrankungen haben zudem im Vergleich zur  Allgemeinbevölkerung eine um 10 Jahre verringerte Lebenserwartung.“

 

Jetzt gilt es Mut zu fassen, nicht zu verzagen und auf bewusste Entspannung im eigenen Leben wert zu legen. Glaubenssätze wie „Da muss ich durch“, sollten - auf ihre Dauer hin - hinterfragt werden. Dauerstress lässt sich durch aktive Entspannungseinheiten wirksam begegnen. Wissenschaftlich ist dies schon lange keine Frage mehr und das Leben vieler Menschen, die Entspannung bewusst praktizieren, bestätigt es.

 

Entspannungsübungen gibt es sehr viele. Einige ausgewählte finden Sie hier. Probieren Sie aus, was für Sie passen könnte. Welche Übungen wann, wo und wie am wirkungsvollsten funktionieren, ist Gegenstand wissenschaftlicher Forschung. In einem nächsten Blogartikel mehr darüber. Bis dahin: Bleiben Sie gesund oder werden Sie es wieder. Nicht den Mut verlieren:

 

„Nicht müde werden, sondern dem Wunder leise wie einem Vogel die Hand hinhalten.“ (Hilde Domin)