· 

Hochgelobt, niedergeworfen und wieder aufgestanden

Beziehungskrise, Krise, Beziehung, Streit, Ehekrise
Beziehungskrise (Foto: CC0 - Melani Marfeld auf Pixabay)

Eine glückliche Beziehung mündet häufig in einen Strom gefälliger, positiv gemeinter Attribute über das Gegenüber. „Du bist für mich wie ein Sechser im Lotto.“ „Mein allerbester Schatz.“ „Das Beste, was mir im Leben passieren konnte.“ „Dich möchte ich nie verlieren.“ „Ohne dich ist mein Leben…“ Hochgelobt und idealisiert wird, was man in der Beziehung für sich selbst erreicht zu haben glaubt. Sehr hoch loben, soll in Augen der eigenen Angst, vor dem Verlust dessen schützen, was nicht verloren gehen darf. Diese Beziehung darf sich nicht verändern oder gar auflösen!

 

Und dennoch kommt es vor, dass die Fließgeschwindigkeit des Flusses und die Lobesfülle alleine nicht ausreichen, eine Beziehung gut aufrecht zu erhalten. Worte sind Worte, die eine Befüllung mit Taten benötigen, um nicht zu leeren Worthülsen zu verkommen. Attribute, die man zuschreibt, brauchen die Lebendigkeit des gelebten Lebens. Gefühle und Bedürfnisse sind keine verborgenen Geheimnisse, sondern Ausdruck menschlicher Natur. Schritt für Schritt entwickelt sie sich weiter, passt sich an, reagiert auf das, was sich verändert.

 

Manchmal geht alles jedoch viel zu schnell. Wo bleibt dann die Zeit, sich auf den anderen und sich selbst wirklich einzulassen? Im Strom der Alltagsgeschehnisse kommt es vor, dass der Blick in die Tiefe des menschlichen Seins verloren geht. Wie ein Stück Treibholz fühlt man sich hin- und hergeworfen in den Fluten des Lebens: Umwelt, Beruf, Arbeit, Familie, Krankheit, Krisen … Was nur gibt mir dann Halt? Was gibt uns Halt im Leben? Die eigene Fassade wirkt schnell angekratzt. Der Lack blättert ab. Darunter wird sichtbar, was bisher unter dem Glanz menschlicher Attribute verborgen blieb. Die wahre Natur zeigt sich. Stärken legen auch ihre anderen Seiten offen. Narben werden sichtbar, gut verhüllte Schwäche und Verletzlichkeiten spürbar.

 

Jetzt bloß nicht hinwerfen. Dran bleiben. Sich näher kennenlernen. Vertrauen. Sich eine Chance geben. Schwächen, Verletzlichkeiten und Stärken, sich ausgleichen lassen. Hinter den ehemals so häufig genannten Komplimenten, liegt die große Natur menschlichen Seins in all ihren Facetten. Sie gibt Halt durch Sehen und Verbergen, durch Geben und Nehmen, durch Einfalt und Vielfalt, durch Alleinsein und Zusammensein, durch verbunden sein und frei sein.

 

Niedergeworfen zu werden gleicht dann einem Albtraum. Da möchte man sofort daraus erwachen. Enttäuscht. Betrogen. Verkauft. Verletzt. Gefühle, die einen schier zerreißen mögen. Hochgelobt und niedergeworfen. Heiß und kalt zusammen. Vulkan und Eisberg in einem. Es ist fast nicht auszuhalten. Ein Gefühl wie ans Kreuz geschlagen worden zu sein. Schaut her, das war mal ein Mensch in einer glücklichen Beziehung. Und jetzt ist sie tot. Leblos das Miteinander. Lieblos sowieso.

 

Hoffen wider die Hoffnung? Ja. Dass die Beziehung wieder aufersteht? Vielleicht. Hoffen, dass ich selbst auferstehe? Ja, in jedem Fall. Darauf bauen, dass ich gestärkt aus der Lebenskrise auferstehen werde. Wenn ich es nicht alleine schaffe, braucht es den Menschen, der die Hand reicht, der mich auferweckt. Vertrauen, darauf vertrauen, dass sich dieses schwierige Wort wieder langsam mit Leben füllt. Alles Liebe und einen geduldigen Umgang in dieser Lebensphase, wünscht allen Hochgelobten, Niedergeworfenen und Auferstandenen des Lebens, das Team der Praxis für Psychotherapie, Barbara und Andreas Schlemmer.