· 

„Ständig diese Übelkeit.“

Angst und Übelkeit. Praxis für Psychotherapie, Barbara Schlemmer, Diplom Psychologin, Saarwelligen
Foto: CC0

So klagte eine Frau mittleren Alters in einer Talkrunde, die sich mit dem Thema Angst befasste. Dann begann sie ihre Leidensgeschichte zu erzählen. Als alles anfing, war sie gerade einmal 15 Jahre alt. Mitten in der Pubertät hatte es begonnen. Abgemagert, mit etwas unter 45 Kg Gewicht, und hin- und hergerissen von den Hormonschwankungen ihres Alters, glaubte sie, darin für sich eine Erklärung finden zu können. Aushalten, abwarten und irgendwie wird es schon besser werden, wenn ich mal aus diesem besonderen Alter raus bin. Das sagte auch ihr familiäres und freundschaftliches Umfeld. Leider war es aber nicht der Fall.

 

Ein Weg mit Hindernissen

 

Als die Übelkeit mit der Zeit unerträglich wurde, begann eine jahrelange Odyssee durch die Arztpraxen vieler Fachrichtungen. Untersuchungen über Untersuchungen. Es konnte allerdings beim besten Willen kein organischer, kein metabolischer (Stoffwechsel) und auch kein endokrinologischer (Hormonhaushalt) Grund gefunden werden. Einerseits gut. Beruhigend. Andererseits, war es aber so, dass ihr Leiden weiterging und sie sich nichts sehnlicher gewünscht hätte, als dass ein Grund für ihre Übelkeit gefunden worden wäre. Sie wollte sie endlich loswerden. Eine Diagnose sollte her. Und eine Therapie. Kann man gut verstehen. Stattdessen begann sie mit 18 Jahren sich total zurückzuziehen, sich einzuigeln, sich zuhause regelrecht zu verstecken mit der Folge, dass sich zu der ständigen Übelkeit auch noch das Gefühl einer großen Einsamkeit dazugesellte.

 

Nein, das nicht

 

Als ihr Hausarzt schließlich sagte, dass es so nicht weitergehen könne, kam man auf die Idee, nach möglichen Hintergründen auf psychischer Ebene suchen zu lassen. Zunächst dachte die Frau, nein, das lieber nicht. Denn bei ihr sei ja alles in Ordnung. Da gäbe es nichts Auffälliges aus Kindheit oder Jugend und auch ihr Elternhaus sei okay gewesen. Nein, einen „Dachschaden“ oder so was, habe sie nicht. Sie sei doch nicht verrückt! Es müsse eine körperliche Ursache auszumachen sein. Vielleicht sei sie immer noch nicht ausreichend untersucht? Vielleicht habe sie eine von diesen seltenen Krankheiten? Gottseidank ließ ihr Hausarzt nicht locker und überredete sie mit Engelszungen, sich einer psychischen Untersuchung nicht zu verschließen. Die Zusammenhänge zwischen Körper (Soma) und Psyche seien nämlich hinreichend bekannt. Eine ganze Fachrichtung, die Psychosomatik beschäftige sich mit solchen Belangen schon seit vielen, vielen Jahren.

 

Papperlapapp

 

Nach Überweisung in einer entsprechenden Einrichtung und ausführlichen Untersuchungen bestätigte sich der Verdacht. Die behandelnden Ärzte und Psychologen stellten fest, dass es sich um eine besondere Form einer Angststörung handelte. Auswirkungen von Ängsten in Bezug auf die körperliche Ebene sind gut bekannt und ausführlich erforscht. Jetzt war doch endlich was gefunden und plötzlich platzte der Knoten. Jetzt nach der Verdachts-Diagnose konnte sie nämlich über alles reden, was sie belastete. Alles was sie eigentlich verdrängte oder als papperlapapp abtat, durfte jetzt ausgesprochen werden. Und siehe da, jetzt wurde ihr bewusst, wovor sie eigentlich Angst hatte. Damit war das Problem mit der Übelkeit noch nicht gelöst, aber es war klar, woher diese kam.

 

Die Angst

 

Eine Angsttherapie sollte deshalb her. Die Probleme auf psychischer Ebene verlangten nach Raum, suchten nach Aufklärung, wollten verstanden werden. Jetzt eine Therapie zu machen, in der sie erlernte, sich diesem Angst machenden zu stellen, sollte der Lösungsansatz sein. Aus dem Verborgenen ins Lichtvolle gelangen, auf sicherem Weg, vertrauensvoll, geschützt, ohne sich beschämen zu müssen. Das wäre es. Und so entstand für ihre Erinnerungen der geschützte Raum, der dies ermöglichte. Episoden aus der Vergangenheit, die fast schon vergessen waren, gelangten in einen neuen Zusammenhang: Das Erbrechen. Die Angst vor dem Erbrechen und anderes mehr. Jetzt konnte es endlich von ihr gesehen und die Bedeutung von ihr erspürt und überprüft werden. Das brachte trotz der Schwere, erste Erleichterungen für sie.

 

Der neue Weg

 

Und so konnte sie ihren Weg Stück für Stück weitergehen. Manchmal ging es ein paar Schritte nach vorne. Ein anderes Mal aber auch wieder zurück. Vor und zurück. Ja, so war das. Und dennoch ging es nach vorne. Die Symptome der Übelkeit und des Rückzugs, die Angst das Haus zu verlassen, sich auf öffentlichen Plätzen aufzuhalten, Kaufhäuser oder Geschäfte zu betreten, in Menschenmengen, in Kinos zu sein, oder alleine mit Bus, Bahn der Flugzeug zu reisen, traten in den Hintergrund.

 

Das Heute

 

Heute, eine gute Zeit später, lebt sie nach eigenen Angaben nur noch mit einer Angst im Hintergrund. Sie weiß, dass sie einmal da war und kennt ihren Namen: Agoraphobie. Wenn eine Übelkeit aufkommt, kann sie damit umgehen. Wenn sie das Haus verlässt, weiß sie, worauf sie ihre Aufmerksamkeit im Zweifelsfall richten muss. Mit all dem hat sie gelernt umzugehen. Die Angst spielt nur noch eine Nebenrolle in ihrem Leben. Sie hat sich verflüchtigt. Die Lebensqualität hat sich dadurch enorm verbessert. Sie führt fast ein „normales“ Leben. Je mehr „Gras darüber gewachsen ist“, umso besser ist es für sie geworden. Neue Erfahrungen, neue Erlebnisse führten zu neuen Erinnerungen. Gottseidank.

 

Wünsche

 

Das Erleben dieses Neuen im Leben, das wünscht Ihnen allen von Herzen, das Team der Praxis für Psychotherapie, Barbara Schlemmer, Diplom Psychologin und Andreas Schlemmer, Heilpraktiker für Psychotherapie. Bleiben Sie dran an Ihrem persönlichen Lebensweg. Es könnte sich auch für Sie lohnen. Vielleicht sogar durch ein Mehr an gewonnener Lebensqualität.