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Was Heilung bringen kann

Was Heilung bringen kann - Blogbeitrag der Praxis für Psychotherapie, Barbara Schlemmer, Dipl. Psychologin
Foto CC0

Mit Schuld oder auch vermeintlicher Schuld umzugehen, ist alles andere als einfach. Im Außen wie im Innern. Schnell kommt es zu Aburteilung, Verdammnis oder Strafe, wenn es um sogenannte Schuldhaftigkeit geht. Im familiären Bereich ebenso wie auf gesellschaftlicher Ebene: „Was meinst du, was der oder die gemacht hat. Stell dir das mal vor. Wie kann man nur? Schämen sollte er/sie sich! Oder auch: „Der gehört sofort … da oder dorthin. Dem würde ich dies und jenes tun. Den sollte man….“

 

Wer kennt solche Aussagen nicht. Und sie werden nicht nur an den Stammtischen dieser Welt geäußert. Fast sind sie allgegenwärtig, wenn Schuld und Verletzung im Raum stehen. Im gesellschaftlichen Bereich wie auch in der Familie könnte man lernen, damit anders umzugehen: Vielleicht versuchen, keine vorschnellen Urteile zu fällen. Oder auch in Zurückhaltung sich zu üben. Vielleicht aber auch versuchen, die Umstände oder die Hintergründe zu erfahren. Dann wäre vielleicht ein erweitertes Verstehen möglich.

 

Solch ein Verstehen macht zwar keine Schuld zur Unschuld und keine Verletzung zur Unversehrtheit, würde aber helfen, andere Brücken zu schlagen, als die üblichen. Schuldige könnten an ihrer Schulderfahrung wachsen und sich auf andere Art rehabilitieren. Opfern könnte es leichter fallen, ihre inneren Anteile am Geschehen, Verletztes, Beschämtes, Verleumdetes und Traumatisiertes, zu integrieren und zu heilen. Vorteile würden auf beiden Seiten entstehen.

 

Nicht immer finden sich allerdings klare Lösungsansätze. Manchmal sind es ziemlich komplizierte Geschehen. Oftmals haben sie auch eine lange Vorgeschichte oder haben sich über Generationen hinweg übertragen. Hier und da kann man sich nicht einmal mehr erinnern, wie es nun genau war. Dann wird über unterschiedliche Wahrheiten vehement gestritten und verliert das Eigentliche aus den Augen: Nämlich die Wiedergutmachung oder auch Heilung. Beider Seiten. Aller inneren Anteile.

 

Schuld und Verletzung müssen nicht alleine und zusammenhanglos stehen. Opfer müssen nicht einfach nur aushalten oder gar selbst zu Tätern werden, indem die Gewaltspirale sich verbal oder physisch weiterdreht. Nein, müssen sie wirklich nicht. Es gibt so viele andere Ansätze, damit umzugehen.

 

Eine ganz besondere Strategie erzählt die Geschichte eines Stammes aus Südafrika. Vielleicht ließe sich daraus für den ganz persönlichen Umgang mit dieser Thematik etwas gewinnen?

 

Schuld und Verletzung dürfen nicht letzte Worte sein. Denn es gibt andere Worte, die Heilung bringen können.

 

„Verzeihen ist die größte Heilung“

 

„Wenn ein Stammesmitglied der Babemba aus Südafrika ungerecht gewesen ist oder unverantwortlich gehandelt hat, wird er in die Dorfmitte gebracht, aber nicht daran gehindert wegzulaufen.

 

Alle im Dorf hören auf zu arbeiten und versammeln sich um die Person. Dann erinnert jedes Stammesmitglied, ganz gleich welchen Alters, die Person in der Mitte daran, was sie in ihrem Leben Gutes getan hat. Alles, an das man sich in Bezug auf diesen Menschen erinnern kann, wird in allen Einzelheiten dargelegt. Alle seine positiven Eigenschaften, seine guten Taten, seine Stärken und seine Güte werden der Person in Erinnerung gerufen. Alle, die den Kreis um ihn herum bilden, schildern dies sehr ausführlich. Die einzelnen Geschichten über diese Person werden mit absoluter Ehrlichkeit und großer Liebe erzählt. Es ist niemandem erlaubt, das Geschehene zu übertreiben und alle wissen, dass sie nichts erfinden dürfen. Niemand ist bei dem, was er sagt, unehrlich und sarkastisch.

 

Die Zeremonie wird so lange fortgeführt, bis jeder im Dorf mitgeteilt hat, wie sehr er diese Person als Mitglied der Gemeinde schätzt und respektiert. Der ganze Vorgang kann mehrere Tage dauern. Am Ende wird der Kreis geöffnet, und nachdem der Betreffende wieder in den Stamm aufgenommen worden ist, findet eine fröhliche Feier statt.“

 

Alles Liebe und Gute, vor allem Heilung und Genesung, Umkehr von Opfer und Gewalt, Rückkehr zu Versöhnung und Verzeihung, wünschen Ihnen von Herzen, das Team der Praxis für Psychotherapie, Barbara Schlemmer, Dipl. Psychologin und Andreas Schlemmer, Heilpraktiker für Psychotherapie.

 

Finden Sie Ihren persönlichen Weg aus der Gewaltspirale mit einem „Benedicere“ (lat.): Sprechen Sie gut, wohlgemeint über sich und andere, anstatt in die Verurteilung oder Selbstverurteilung zu gehen. Machen Sie es den Babemba aus Südafrika nach. Auf Ihre persönliche Art und Weise.