Größer als alles aber ist die Liebe - Für einen ganzheitlichen Blick auf Homosexualität (Wunibald Müller, Kevelaer, 2014)

Nach wie vor ein hochsensibles Thema, was in diesem kleinen Büchlein abgebildet wird. Trotz aller gesellschaftlicher Veränderungen hin zu mehr Offenheit und Akzeptanz für diese Form der Liebe, scheint sie nach wie vor auf unsicherem Boden zu stehen. Leider aber auch deshalb, weil es weltweit in bestimmten Kreisen wieder vermehrt zu einem offen ausgedrückten Unverständnis darüber kommt. Umso wichtiger scheint diese Veröffentlichung auch aus dieser Sicht heute immer noch zu sein.

Wunibald Müller, Dipl. Theologe, Dipl. Psychologe und Psychotherapeut, ehemaliger Leiter des Recollectio-Hauses der Benediktiner-Abtei Münsterschwarzach, der sich bereits in seiner Dissertation mit dem Thema Homosexualität befasst hatte, versucht in diesem Buch „ganzheitlich“, aus unterschiedlichen Perspektiven des Menschseins, darauf zu schauen.

Er widmet sich zunächst den psychologisch, wissenschaftlichen Grundannahmen und deren Fragestellungen. Spannend wirken die Antworten, zumal er mit antiquierten Vorstellungen aufzuräumen und exakte Antworten nach heutigem Wissensstand zu geben vermag. Danach versucht er die daraus gewonnenen Erkenntnisse theologisch zu reflektieren, um auch seelsorgerisch-spirituelle Perspektiven daraus entwickeln zu können. Diese beiden Kapitel sind seiner damaligen Funktion und Tätigkeit in einem katholisch-christlichen Umfeld und möglicherweise seinen persönlichen Anliegen geschuldet.

Ganzheitlich ist sein Ansatz nicht nur wegen seiner strukturellen Dreiteilung, sondern vielmehr vor allem deshalb, weil er neben dem Wissen aus Psychologie und dem Denken aus Kultur und Theologie, das überaus große Wissen eines Praktikers einbringt. Durch seine jahrelange Arbeit mit Menschen, die notgedrungen den geschützten Raum eines Therapiezentrums aufgesucht hatten, um sich wieder in ihrem Leben orientieren und sammeln (Recollectio) zu können. Hier erlebte er hautnah und unverblümt die große Not der Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen ihre Form von Liebe nicht leben oder gar nicht einmal wahrnehmen konnten. Daraus entstand eine recht große Expertise, die er mit diesem Buch zu teilen versucht.

Das Buch ist im Vortragsformat gehalten. Spannend und ansprechend geschrieben. Die Vorträge hatte er während der Salzburger Hochschulwochen 2008 gehalten. Gewinnbringend für alle, die sich mit dem Thema befassen wollen. Lesenswert und bereichernd.

(Taschenbuch) 107 S.